März Favorit 2018
Passend zum UNESCO Welttag der Poesie (am 21.03.) hier ein Gedicht, das eindeutig zeigt, dass früher vielleicht doch nicht alles besser war ;-). Fast jeden Abend, wenn wir bei einem schönen Abendessen zusammensitzen, sagen wir uns „Wow, uns geht es so abartig gut. Wir haben so ein schönes Leben!“. Wenn man dann dieses Gedicht so liest und sich vor Augen hält, wie dieses Leben vielleicht ausgesehen hätte, wenn man 50 oder 60 Jahre früher geboren worden wäre… Oder in einem anderen Land… unter anderen Bedingungen…
»Und alles ohne Liebe«
Die Mutter spricht: »Lieb Else mein,
Wozu dies Grämen und Härmen?
Man lebt sich ineinander ein,
Auch ohne viel zu schwärmen;
Wie manche nahm schon ihren Mann,
Daß sie nicht sitzen bliebe,
Und dünkte sich im Himmel dann
Und – alles ohne Liebe.«
Jung-Else hört’s. Sie schloß das Band,
Das ewge, am Altare,
Und lächelnd nahm des Gatten Hand
Den Kranz aus ihrem Haare;
Ihr war’s, als ob ein glühend Rot
Sich auf die Stirn ihr schriebe,
Sie gab ihr Alles, nach Gebot,
Und – alles ohne Liebe.
Der Mann ist schlecht: er liebt das Spiel
Und guten Trunk nicht minder,
Sein Weib zu Hause weint zu viel,
Und ewig schrein die Kinder;
Spät kommt er heim, er kost, er schlägt,
Nachgiebig jedem Triebe;
Sie trägt’s, wie nur die Liebe trägt,
Und – alles ohne Liebe.
Sie wünscht sich oft, es wär vorbei,
Wenn nicht die Kinder wären,
So aber sucht sie stets aufs neu
Zum Guten es zu kehren;
Sie schmeichelt ihm, und ob er dann
Auch kalt beiseit sie schiebe,
Sie nennt ihn »ihren liebsten Mann«
Und – alles ohne Liebe.
Theodor Fontane
Ich kannte ihn auch, allerdings sehr flüchtig. Auf der Buchmesse im Herbst 2016 kam er an den Stand des Poetenladen Verlages, ich begrüßte ihn mit seinem Namen, da wir einander schon vorher vorgestellt worden waren, und er griff zielsicher ins Regal und holte das Buch Der gelbe Akrobat 2″ heraus, eine Anthologie von Gegenwartsgedichten, herausgegeben von Michael Braun und Michael Buselmeier. Das Buch bzw. die Buchreihe enthält Gedichte mit Interpretationen. Arnfrid Astel las sehr konzentriert die Interpretation eines seiner Gedichte. Ich fragte ihn, ob er die Interpretation treffend fand, und er nickte. Als er weiter gegangen war, las auch ich das Gedicht und den Kommentar und erfuhr etwas von Arnfrid Astels dramatischer Lebensgeschichte.